Text
„Gut aufgehoben im Unzähligen oder Unzählbarem“
„Ist es, wenn man alles falsch macht, richtig?“
Oder wie schreibt man über „Kunst“ ohne in das schulmeisterliche pseudointellektuelle Standardgebrabbel zu verfallen.
Um zuerst einmal klarzustellen:
„Kunst ist Kunst und alles Andere ist alles Andere“
und
„Kunst kommt weder vom KÖNNEN, schon gar nicht vom WOLLEN, sondern vom MÜSSEN“
Als Harald Zeemann (1969) in Bern die Ausstellung „When Attitudes Become Form“ kuratierte, hatte er die Form, also das Erscheinungsbild, zur Grundlage genommen (abgesehen davon hat er leider mit der Ausstellung auch die „Kuratorenkunst“ ins Leben gerufen – In Anspielung an das Buch „Das gemalte Wort“ von Tom Wolfe), also die optische Wahrnehmung, die wiederum dem Betrachter die Sehnsweise überließ, ohne ihn in seiner eigenen Auslegungsart zu beschränken. Seither treiben aber „KONSENS-“ und „BETROFFENHEITSKUNST“ fröhliche Urstände, da sich immer mehr „Propheten“ in Selbstermächtigung dadurch befähigt glauben dem Kunstkonsumenten ihre Meinung auf´s Auge drücken zu müssen. Immer nach dem Motto „der Blauäugige führt die Blinden“. Blauäugig wenn sich der Künstler und sein ihn interpretierender Kunsthistoriker sich selbst als „SEHENDER“ und „WELTVERBESSERER“ größenwahnsinniger Weise darstellen wollen, blind wenn jeder der Zeitung lesen kann, die von ihnen angewandelten Probleme jeden Tag in den Nachrichtenmagazinen vorfindet.
Das heute ausschlaggebende „SYMPATHIESPIEL“, im Gegensatz zu ehemaligem „AUSSENSEITERTUM“, durch „Anschleimergehabe und Anerkennungsgewinsel“ in einer Größenordnung die den Zeitaufwand dafür den Majoritätsanspruch einräumt, zu ignorieren und einfach arbeiten und dieses Ihre Wirkung tun zu lassen ist ein, meiner Meinung nach, derart altneuer erfrischender Ansatz dem höchstes Lob zu zollen ist. Nämlich der Kunst nicht eine, von dem heute sie umzingelnden Kunstkomplex – die heute im Umfeld nutznießerisch Beschäftigten und daran Verdienenden sind ein Vielfaches der Produzierenden – gerne in die Waagschale geworfene, angemaßte Wichtigkeit ans Bein zu klotzen, sondern ihre homöopathische Wirkung, bei der es auf das Warum nicht ankommt, sondern einzig das Resultat, daß wie auch immer es den Betrachter anspricht, zählt, tun zu lassen.
Und nach all der Subjektsmasturbation und den Versuchen der Künstler der 1960er Jahre durch Schludrigkeit und bewusster „UNSCHÖNHEIT“ ( Wiener Aktionismus, Arte Povera, Nouveau Realists, usw. Wobei ich diesen weder ihre ernstgemeinte Haltung, Bezugnahme auf die umgebende Realität, noch ihre dadurch entstandene Ästhetik gewillt bin abzusprechen.) nur ja nicht für den Markt zu produzieren, Marktfreistellungsonanie aber immer gepaart mit einem, sich dadurch Qualitätsabsprache einstellenden, Erfolgsneids, und ihre, gerade durch die leichte Herstellung und Abwandelbarkeit (hier wurde z.B. zum ersten mal die „außerhäusische Produktion verwendet) Einvernahme durch den Markt, viele Stücke mit hohem Wiedererkennungswert, läßt eine Arbeit die einen unglaublichen Zeitaufwand und konzentrierte Geduld benötigt in einer ernstgemeinten Ehrlichkeit erstrahlen, die sogar Verblendeten noch wie ein Licht am Ende des Tunnels erscheinen muß.
In einem, wie Katherina Fink selbst schreibt „Versuch einer ständigen Reizüberflutung mit Einfachheit und Reduziertheit (die beiden Begriffe könnte man im Hinblick auf die Komplexität und Zeitaufwand der Arbeit fälschlicher Weise als Koketterie bezeichnen – Anmerkung des Schreiberlings) entgegen zu wirken. Nicht Vieles auf einmal in Rekordzeit, sondern Konzentration auf eine Sache bis diese in einem sehr zeitintensiven Arbeitsprozess völlig entschleunigt“, durch aneinanderreihen einzelner, unzähliger 3-5mm langer Striche, Reihe um Reihe, sich ständig wiederholend“, läßt sie stoppelfeldartige Feldformationen wachsen, die dann schlussendlich dem Betrachter uneingeschränkt, ohne „MESSIANISCHEN AUFTRAG“ oder erhobenem Zeigefinger, die Deutungshoheit, also seine freie Meinung anerkennend, in stoischer Ruhe und Gelassenheit gestatten sich vor dem Original darauf einzulassen, oder auch nicht. Wobei dem „vor dem Original“ eine besondere Bedeutung zuzumessen ist, denn wie viele gescheiterte Versuche gezeigt haben, die Abbildbarkeit eine Unmöglichkeit darstellt, dem Interessierten bleibt dabei nur die Möglichkeit sich aus einer Gesamtansicht und verschiedenen Details sich im Hirn einen Eindrucksversuch zusammen zu puzzeln, was natürlich der Wirklichkeit die aus der Distanzverminderung, zwischen Fern- und Nahsicht, entsteht, keinesfalls entsprechen kann. Der Reiz der dadurch entsteht, daß sich die undeffinierbare graue Fläche in ein Strichgewusel auflöst, die jedem einzelgesetzten Strichlein die gleiche Präsenz gibt die sich im Grunde genommen jeder Betrachter unter seinen 6 Milliarden Mitbewohnern erwarten kann. Gerade bei den dreidimensionalen Arbeiten, die pseudogeometrische amorphe Körper bilden, die durch die abgewandelten Strichlängen und Stärken ihre Räumlichkeit extra herausstellen, ist die das Hinzu- und Abschreiten ein unumgängliches Faktum des Erfassens.
Bei all den im vorangestellten Text sich durch die Auseinandersetzung mit den Objekten ergebenden Warums, ist die Frage ob Kunst zum Denken anregt wohl mehr als hinlänglich beantwortet und sich der Grund der angetanen Arbeit mit Sicherheit nicht mehr stellt.
Zum Schluß die gut gemeinte Anleitung
„Nimm dir Zeit und lasse die Gedanken fliegen“
Johann Wichtelhuber